52 weeks of music – Are you lonesome tonight (laughing version) von Elvis Presley

Jede Woche gibt es hier ein neues Lied, von mir ausgesucht und von meinem Schatz in einem Gastbeitrag beschrieben/besprochen. Daraus entstehen dann 52 Weeks of Music. Die gesamte Playlist gibt es schon auf Spotify (52 weeks of music). Alle Beiträge hier im Blog findet ihr unter 52weeksofmusic.

Woche 10: Elvis Presley, Are you lonesome tonight (laughing version)

Are you lonesome tonight (laughing version) bei Spotify

(hahahahahahahahahahahahaha)

Lieber Elvis Presley,

bei der Aufnahme im Hilton Hotel Las Vegas im Jahr 1969 lachst Du Dich scheckig. Hast Du was dagegen, wenn ich den wahren Grund jetzt ein für allemal enthülle?

Es gibt so viele Erklärungen, weshalb sich Elvis einen Ast lacht: Für die einen ist es der willkürlich geänderte Text; statt „do you ganze at your doorstep and picture me there“ singt Elvis „do you ganze at your bald head and wished you had hair“. In der ersten Reihe soll ein Mann gesessen haben, der daraufhin sein Toupet abnahm, worauf der King anfing zu lachen; in einer anderen Version ist es eine Frau, deren Perücke herabfiel, weil sie sich im Publikum „wie toll gebärdete.“

Do the chairs in your parlor seem empty and bare?
Do you gaze at your doorstep and picture me there?

Für die anderen ist es die tapfere Background-Sängerin, die in immer höhere Sphären entschwindet, während der Kollege am Vordermikro am Gackern ist. Ein bisschen klingt sie dabei wie die „Singende Säge“ und ist doch keine geringere als Whitney Houstons Mutter Cissy Houston. Ihr widmet Elvis den einigermaßen verständlich und zusammenhängend gesprochenen Part:

You know someone said that the world`s a stage
And each must play a part.

Beides sind gute, aber letztlich keine zwingenden Gründe für einen der ansteckendsten Lachanfälle, der jemals auf Tonträger gebannt wurde. Mein Grund ist: Bill Ramsey.

Presley und der vier Jahre ältere Ramsey lernten sich 1957 in Deutschland kennen. Ramsey hatte dort bis 1957 seinen Militärdienst absolviert und war inzwischen u.a. für AFN in Wiesbaden als Produzent und Eventveranstalter tätig, zudem war er als der „Mann mit der schwarzen Stimme“ bekannt und hatte einigen Erfolg als Schlagersänger. Elvis trat seinen Dienst 1958 im 1st Medium Tank Battalion/32nd Armor der 3. US-Panzerdivision im hessischen Friedberg an und war ein begeisterter Anhänger Ramseys und seiner Radiosendungen im amerikanischen Rundfunk. Noch während der Armeezeit Presleys in Deutschland hatte Bill Ramsey seinen ersten Nr. 1-Hit Souvenirs, in dem er davon singt, wie „von der Gitarre eine Saite, die Elvis schlug“ ein begehrtes Souvenir werden könnte. Elvis fühlte sich durch die Erwähnung durch den seinerzeit bekannteren Künstler geschmeichelt und orientierte sich in seiner weiteren Laufbahn immer wieder an dem Stil Ramseys, der seinerseits Elvis-Songs coverte. Den Einfluss auf das Oeuvre Presleys lässt sich u.a. bei den bekannten Coverversionen It’s now or never, veröffentlicht 1960 während seiner Zeit in Deutschland, und natürlich Wooden heart, Elvis‘ Reminiszenz an seine Armeezeit, ebenfalls aus dem Jahr 1960, nachweisen.

Ramsey und Presley lernten sich persönlich während einer von Cpt. Paul Beaulieu veranstalteten Matinee im Wiesbadener Hotel „Helene“, Sonnenberger Str. 24,  im September 1959 kennen. Ramsey war der Familie Beaulieu freundschaftlich verbunden, die damals 14-jährige Tochter Priscilla nannte ihn scherzhaft „Cousin Bill“. Bei einem Tanzabend im „Eagle Club“, Paulinenstr. 7, stellte Bill Priscilla Elvis vor. Die weitere Geschichte ist bekannt, Priscilla wurde am 1. Mai 1967 zu Elvis‘ Ehefrau und am 1. Februar 1968 Mutter der gemeinsamen Tochter Lisa Marie.

Was bisher nicht bekannt ist: Bill Ramsey sang auf Matinee und Tanzveranstaltungen seit 1958 seinen berühmten Song Wumba-Tumba-Schokoladeneisverkäufer, in dem er die Rolle der amerikanischen GIs im Nachkriegsdeutschland satirisch beschreibt:

Er fragte leis:
Wie wär’s mit einem Schokoladeneis?

„Schokoladeneis“ steht hier bildlich für die Hershey’s Schokolade, die GIs tausendfach unter deutschen Kindern verteilten. Zwei Strophen später singt Ramsey:

Der Presse sagte er mit Kennerblick
die Erdenmenschen, die sind weit zurück.

Hier ist die Parallele kaum zu übersehen zwischen den im „Wettlauf zum Mond“ antretenden USA und dem im Wiederaufbau befindlichen Westdeutschland. Für Presley und Ramsey, die sich beide freiwillig für ihre Dienstzeit in Deutschland entschieden hatten, wurde dieses Lied zu einem „Insider“, mit dem sie sich gegenseitig ihre Zuneigung zu Deutschland, aber auch Hessen und insbesondere Wiesbaden versicherten:

Da rief er fröhlich im Vorübergeh’n
„Ich finde es bei Ihnen sehr sehr schön“.

Und das ist auch des Rätsels Lösung: An jenem Abend in Las Vegas erblickte der King von der Bühne aus einen Eisverkäufer, der Schokoladeneis anbot. Just in diesem Moment fielen ihm das genannte Lied und all die unglaublichen Zufälle ein, die ihn auf diese Bühne geführt hatten: Die erfolgreichen Coverversionen im Stil Bill Ramseys („It’s now or never“ ist bis heute Elvis‘ weltweit erfolgreichste Single), die schicksalhafte Begegnung mit Priscilla (zu dem Zeitpunkt hatte Elvis eine glückliche kleine Familie) und die vielen vergnügten Stunden im Wiesbadener „Park Café“. Und da musste er aus vollem Halse lachen, als er besang, was „alles schiefgehen kann“ – so wie einst auch Bill Ramsey in seinem unvergessenen Klassiker Nichts gegen die Weiber (unbedingte Hörempfehlung). Schönen Weltfrauentag nachträglich.

(Anm. des Verfassers, um mögliche Missverständnisse auszuräumen, für den Fall, dass es aus dem Text nicht deutlich genug wurde/Disclaimer: Ob Bill Ramsey tatsächlich der Grund für den Lachanfall war, ist nicht erwiesen. Ebenso mag es sein, dass Bill Ramsey und Elvis Presley – die beide überprüfbar in einem ähnlichen Zeitraum in den 5oern in Wiesbaden waren – sich dennoch nie begegnet sind. Die Auswirkung des Gesamtwerks von Bill Ramsey auf den späteren Elvis ist reine Spekulation. Inwieweit Bill Ramsey der Familie von Priscilla Beaulieu verbunden war oder diese überhaupt kannte, ist dem Verfasser nicht bekannt. Jegliche Verknüpfung des Lebens und der Karriere der beiden Ausnahmekünstler ist erfunden. Die Interpretation des Wumba-Tumba-Schokoladeneisverkäufers ist eine persönliche Ansicht des Verfassers. Die Angaben zu Veröffentlichungen und Erfolgen sind wahrheitsgetreu aus verschiedenen Quellen übernommen. Der Song Nichts gegen die Weiber wurde von Bill Ramsey und Bibi Johns 1962 aufgenommen und erreichte Platz 25 der deutschen Charts.)

Text von Are you lonesome tonight zum Nachlesen

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