52 weeks of music – Forever young von Alphaville

Jede Woche gibt es hier ein neues Lied, von mir ausgesucht und von meinem Schatz in einem Gastbeitrag beschrieben/besprochen. Daraus entstehen dann 52 Weeks of Music. Die gesamte Playlist gibt es schon auf Spotify (52 weeks of music). Alle Beiträge hier im Blog findet ihr unter 52weeksofmusic.

Woche 19: Alphaville, Forever young

Forever young bei Spotify

Forever young, I want to be forever young

Lieber Marian Gold,

die Fachwelt entdeckt Proteine, mit denen altersbedingte Dysfunktionen im Hypothalamus erfolgversprechend bekämpft werden können; im selben Monat kommt ein neues Alphaville-Album heraus. Ist das Zufall?

Als ich kürzlich wieder einmal in der April-Ausgabe von nature, dem International weekly journal of science, schmökerte, stieß ich auf einen Artikel mit der interessanten Überschrift „Human umbilical cord plasma proteins revitalize hippocampal function in aged mice“ und wir wissen alle, was das bedeutet. Für diejenigen, denen es nicht gleich klar ist, ziehen die Autoren ein überdeutliches Fazit: „Our findings reveal that human cord plasma contains plasticity-enhancing proteins of high translational value for targeting ageing- or disease-associated hippocampal Dysfunktion.“ Damit ist alles gesagt.

Mittlerweile hat auch die ganz gewöhnliche Tages- und Wochenpresse das Thema aufgegriffen und spricht – stark populärwissenschaftlich vereinfacht – von „Ewige Jugend, keine Diskussion“ und von „Jugendlich für immer„. Damit erledigt sich das Älterwerden und gegebenenfalls auch das Dahinscheiden, denn wer will schon „verenden wie ein verblassendes Pferd“?

It’s so hard to get old without a cause
I don’t want to perish like a fading horse

Marian Gold bzw. Alphaville schon mal nicht. Das mit dem „verblassenden Pferd“ ist übrigens eine Analogie aus dem Pferderennsport: Der Ruhm großer Pferde gründet auf glänzenden Siegen, lässt aber dann rasch nach, wenn jüngere, stärkere Pferde ihnen diese Trophäen streitig machen. Üblicherweise ist diese Entwicklung begleitet von einem recht frühen Ableben.

Dann bleiben wir doch lieber für immer jung. Und strahlend wie Diamanten in der Sonne.

Youth’s like diamonds in the sun
and diamonds are forever

Ob ewige Jugend jetzt gleich auch ewiges (irdisches) Leben bedeutet, ist ein anderes Paar Schuhe. Alphaville äußert zwar den Wunsch, für immer jung zu sein, erkundigt sich beim angesungenen Gegenüber aber im gleichen Refrain, ob sie oder er denn wirklich ewig leben wolle:

Do you really want to live forever, forever and ever?

Die Frage greift Queen zwei Jahre später in Who wants to live forever? aus dem Soundtrack von „Highlander – Es kann nur einen geben“ auf. Der Hintergrund – das epochale Leben eines rund 470 Jahre alten Schotten – mag hier ein etwas anderer sein, die Dringlichkeit und letztlich auch die Tendenz der Antwort ist dieselbe: Wohl eher nicht bzw. wohl eher niemand. Jenseits aller wissenschaftlichen Erkenntnisse ist die Vermeidung des Ablebens wohl immer noch ein Wunschszenario. In „Forever young“ stellt Alphaville lakonisch fest:

Some are like water, some are like the heat
some are a melody and some are the beat
sooner or later they all will be gone

Früher oder später sind sie alle weg. Wir sind hier nicht bei „Wünsch Dir was“, sondern bei „So isses“. Die Älteren unter uns erinnern sich: „Wünsch Dir was“ war eine österreichisch-deutsch-schweizerische TV-Spielshow als Gemeinschaftsproduktion unter Federführung des ORF, vom 20. Dezember 1969 bis zum 2. Dezember 1972 wurden insgesamt 24 Folgen im ZDF ausgestrahlt (Quelle Wikipedia). Das Programm „So isses“ mit Jürgen von der Lippe war eine Unterhaltungssendung des Westdeutschen Fernsehens, von der Erstausstrahlung am 1. April 1984 bis zum Ende im Jahre 1989 wurden insgesamt 56 Folgen produziert. „Forever young“ und „So isses“ sind damit nahezu gleich alt.

Während „So isses“ heute zu den Fernsehklassikern gehört, ist der Text von „Forever young“ auch neben den ganz großen, grundsätzlichen und unvergänglichen Fragen erstaunlich aktuell:

Hoping for the best but expecting the worst
are you going to drop the bomb or not?

Zur Entstehungszeit des Songs ging es um die Stationierung von sowjetischen Nuklearwaffen in der DDR, am 18. Januar 1984 wurde diese Nachricht von der sowjetischen Agentur TASS gemeldet. Im selben Jahr wurde Ronald Reagan zum 40. Präsident der USA gewählt. Aus Nordkorea gibt es lediglich Meldungen zu den großen Feierlichkeiten zum 15. Jahrestag der Präsidentschaft des Ewigen Präsidenten und Großen Führers Kim Il-sung. Die Nachrichten sind 33 Jahre alt; aus ihren Bestandteilen „Nuklearwaffen“, „USA“ und „Nordkorea“ lässt sich ein Szenario konstruieren, das die von Alphaville gestellte Frage hochbrisant werden lässt. Erstaunlich, wie wenig sich dann doch im Laufe der Jahre tut.

Sitting in a sandpit, life is a short trip

The music’s for the sad men

So oder so, eben sitzen wir noch im Sandkasten und dann war’s das auch schon. Diese Erkenntnis ist nun wirklich nicht neu und entzieht sich auch jeder weiteren Kommentierung. Wenn diese unumstößliche Wahrheit Euch zu traurigen Menschen macht, hört Musik. Vielleicht meint Alphaville damit die eigene, was ganz gut passt, denn wie bereits erwähnt liegt ein neues Studioalbum von Alphaville in Eurem Plattenladen. Insbesondere die Nummer Enigma knüpft nahtlos an Glanzstücke der Band wie z.B. Carol Masters an. Unbedingte Hörempfehlung.

Text von Forever young zum Nachlesen

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