52 weeks of music – Right as Rain Again von Novemberland

Jede Woche gibt es hier ein neues Lied, von mir ausgesucht und von meinem Schatz in einem Gastbeitrag beschrieben/besprochen. Daraus entstehen dann 52 Weeks of Music. Die gesamte Playlist gibt es schon auf Spotify (52 weeks of music). Alle Beiträge hier im Blog findet ihr unter 52weeksofmusic.

Woche : Novemberland, Right as rain again

Link bei Spotify

Coming on quite strange

Lieber Timo Zwarg,

hast Du Deine Band nach einer Sonettsammlung von Günter Grass benannt?

Die Frage mag dem geneigten Leser aus dem Zusammenhang gerissen zu sein. Alle Musikliebhaber da draußen kann ich beruhigen: Es gibt keinen Zusammenhang. Es gibt auch noch keinen Hintergrund, vor dem Ihr diese Frage besser einordnen könntet; den müssen wir gemeinsam, vielleicht auch unter späterer Zuhilfenahme der angesprochenen Künstler, herstellen. Kommt mit, wir machen jetzt mal etwas ganz Neues: Wir entdecken eine Band gemeinsam.

Kennt Ihr Novemberland? Die Band? Ich nicht. Wer sie kennt, gesehen hat oder sogar ein Teil von ihr ist, bitte melden, ich hätte da ein paar Fragen. Zum Beispiel woher die Combo ihren Namen hat. Denn unter uns, bis vorhin hatte ich noch niemals nicht irgendwas von Novemberland gehört. Ich wusste auch nicht, dass es einen gleichnamige Sammlung von 13 Sonetten von Günter Grass gibt.

[„Kurzer“ Exkurs und ehrliches Geständnis: In deutscher Literatur, Prosa und Lyrik, bin ich nicht besonders bewandert. Aus verschiedenen Gründen bin ich auch in der Schule um einen Großteil des Kanons an „Werken, die man gelesen haben muss“ herumgekommen und mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob das ein Makel ist. Ich hole weiter aus: Kürzlich unternahm ich den Versuch, mir bekannte und besonders gravierend erscheinende Lücken in meiner literarischen Bildung zu füllen. Da ich häufiger meinem Dienstherrn verpflichtet bin, in Handlungsdingen ausgedehnte Reisen zu unternehmen, meinte ich, mir damit die Zeit angemessen vertreiben zu können. Nun begab es sich, dass ein renommierter Anbieter von akustischen Einspielungen von Lesungen in seinem Kataloge auch das Jahrhundertwerk „Effie Briest“ von Theodor Fontane anbot. Diese Gelegenheit nutzend und somit dem mir selbst gegebenen Versprechen nachkommend, fand ich mich bei einer dreistündigen Fahrt mit dem Kraftfahrzeug wieder, während derer ich der formvollendeten Darbietung ebendieses Werkes durch einen hauptberuflichen Vorleser lauschte. Als die Fahrt im Kraftfahrzeug sich ihrem Ende näherte, taten es meine Nerven ihr gleich, und das, obwohl (oder gerade weil?) der Vortrag noch nicht jenseits des 9. Kapitels fortgeschritten und auch dieses Kapitel an Ereignislosigkeit nicht zu überbieten war. Ungeachtet aller auch im Vorlesen erkennbarer sprachlicher Eleganz und mit einem gerüttelt Maß an Enttäuschung (im Wortsinne!) in Anbetracht der herausragenden Bedeutung des Romans gelangte ich für mich zu dem Schlusse, dem erschütternden Schicksal der namensgebenden Hauptfigur zumindest per rein akustischer Wahrnehmung vorübergehend nicht mehr folgen zu wollen. Die aufgekommene Schwermut und die fortbestehende Trauer über meine eigene Unzulänglichkeit bei der Rezention so bedeutender und charakterbildender Werke versuche ich, mit der Lektüre von Volksmärchen und dem Gesamtwerk von Wilhelm Busch einzudämmen, doch vermag es mir nicht recht zu gelingen.]

Zurück zu meiner Frage: Ist die Band nach dem Grass’schen Lyrikband benannt? Wäre schon eine Ansage. Krass, Grass als Namensgeber. Das kann schon ein bisschen strange rüberkommen, ist aber wenigstens nicht so plakativ wie es „Blechtrommel“ wäre. So hat das einen gewissen Wortwitz; das sagt die Band aber auch selbst: „Novemberland verbinden eingängigen Pop, melodiösen Rock und Country-, Folk- und Blueseinflüsse mit einer gehörigen Portion Wortwitz und Charme.“ Damit wissen wir zwar noch nicht, woher der Name kommt, aber schon ein bisschen mehr über die Musik von Novemberland.

Real expectations
And fakers all around

Okay, was können wir erwarten? Laut Info auf Facebook „Ohne Vorurteilen Genres gegenüber, hauchen sie ihren Songs Leben ein und beschreiten neue Pfade. Mal düster, mal euphorisch, mal rau, mal melancholisch. Aber immer authentisch!“ Finde ich erstmal gut, nicht die Formulierung, aber die Aussage. Und ich nehme sie Timo Zwarg und seinen Bandkollegen (seit 2015 Burkhard Mildner, Lutz Koellner und Benno Schlachter) auch ab. Jedenfalls ist ihre erste EP mit dem bezeichnenden Namen „Novemberland EP“, auf der auch „Right as rain again“ zu finden ist, frei von irgendwelchem unauthentischen Schnickschnack. Die Melodien sind eingängig, die Instrumentalisierung sparsam, die Soli sauber und unprätentiös und das alles einwandfrei durchproduziert; Tom Petty lässt grüßen (vor allem bei „At the speed of light“) und wird doch bei den Einflüssen nicht genannt. Das Rad erfindet hier jedenfalls niemand neu. Dafür gibt aber auch keiner vor, etwas zu sein, was er nicht ist; Timo Zwarg war, wenn die Forschung da richtig liegt, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der EP an der Uni Hamburg in Sozialökonomie eingeschrieben und ansonsten als Straßenmusiker unterwegs (hier würde eine kurze Bestätigung der Info dem Beitrag weiterhelfen, für die weiteren Ausführungen nehmen wir das mal als Arbeitshypothese). So klingt es dann auch insgesamt: Kultiviertes Songwriting mit einem ganz leichten Hang zu verkopften Texten, aber das darf man nicht überbewerten, Texte sind immer Geschmacksache (siehe oben).

I thought I was riding the wrong train
But I examined my life again

Ich sag’s ja, Geschmackssache. Bei der Überprüfung seines Lebens hat Timo Zwarg wohl entdeckt, dass da noch Platz für was anderes ist, jedenfalls zieht er im Laufe des Jahres 2018 los und entdeckt Amerika als „hitchhiking busker“, als fahrender Musikant also. Vorher soll es noch eine zweite EP geben. Auf die bin ich jetzt schon gespannt. Und wie soll es dann mit Novemberland weitergehen?

But now I’m right as rain again

Egal, für jetzt sind alle offenbar wieder auf dem Damm, denn das heißt „right as rain again“ in der deutschen Übersetzung. Alle fühlen sich pu-del-wohl und das ist doch was. Dafür braucht es dann auch gar nicht mehr, als eine EP, einen Facebook-Auftritt und einen WordPress-Blog für die aktuellen Veranstaltungshinweise. Hallo Ihr von Novemberland, wenn Ihr mögt, könnt Ihr Teile dieses Beitrags gern für einen Wikipedia-Eintrag verwenden, damit auch Menschen jenseits der 40 Euch finden. Ohne Wikipedia-Eintrag existiert man doch quasi nicht. Kurzer Kommentar/kurze Nachricht genügt.

An alle anderen: Wenn Ihr Novemberland vorher noch gar nicht kanntet und jetzt quasi mit mir zusammen entdeckt habt, freue ich mich über irgendeinen Hinweis, dann mache ich sowas vielleicht mal öfter. Die großen Bands kennen wir doch alle irgendwie. Macht aber auch Spaß, dazu was zu schreiben; es geht also immer weiter.

Stichwort große Bands und Busking: Auf der Straße zu musizieren ist ja nicht die schlechteste Voraussetzung für gute Musiker. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist Mark Gillespie, hier mit seinem Supersonic Sunday. Unbedingte Hörempfehlung.

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